Feme-Morde sind ein alter Begriff für Rache an Verrätern, „die der Feme verfallen sind“. Die rechten Freikorps nach dem 1. Weltkrieg, die auch im Auftrag der SPD die Arbeiterräte und die Räteregierungen niederschießen sollten, machten auf eigene Faust weiter, nachdem die herrschende Justiz so milde mit ihnen umgegangen war:

https://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Julius_Gumbel (Auszüge) Buchdenkmal-marktplatz-bonn-gumbel

„Insbesondere für die mehr und mehr vom nationalsozialistischen Studentenbund dominierte Studentenschaft war Gumbel ein rotes Tuch. Dabei spielte auch eine Rolle, dass Gumbel Jude war. Zur Jahreswende 1930/31 kam es im Anschluss an seine Ernennung zum außerordentlichen Professor und der vom Kultusminister verfügten Auflösung des nationalsozialistischen Allgemeinen Studentenausschusses bei den „Gumbelkrawallen“ zu einer studentischen Besetzung und polizeilichen Räumung der Universität.

Als Gumbel auf einer internen Sitzung der Heidelberger Sozialistischen Studentenschaft in Erinnerung an die Hungertoten des Kohlrübenwinters 1916/17 davon sprach, dass eine Kohlrübe sich besser als Kriegerdenkmal eigne als eine leichtbekleidete Jungfrau, entzog ihm am 6. August 1932 der Kultusminister Eugen Baumgartner (Zentrumspartei) die Lehrberechtigungen.[6] Im Juni 1932 gehörte Gumbel zu den Unterzeichnern des Dringenden Appells des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes.

Zur Zeit der NS-Machtübernahme im Januar 1933 war Gumbel schon in Paris, wo er seit Juli 1932 Gastvorlesungen an der Sorbonne hielt. Während in Heidelberg seine Wohnung geplündert und seine Schriften verbrannt wurden, engagierte er sich von Frankreich aus publizistisch gegen den Nationalsozialismus in Deutschland und unterstützte aus Deutschland nachkommende Emigranten.

Im August 1933 wurde ihm im Rahmen der Ersten Ausbürgerungsliste des Deutschen Reichs die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt.[7] 1934 siedelte er nach Lyon über und arbeitete an der Universität. 1939 erhielten er und seine Familie die französische Staatsbürgerschaft.[5]

Zu seinem großen Thema wurden die zahlreichen politischen Morde

in den Wirren der Nachkriegszeit seit der Novemberrevolution. Als Statistiker ließ Emil_Julius_Gumbel dabei die Zahlen für sich sprechen. In zwei Publikationen wies er nach, dass die Zahl der Morde aus dem rechten Spektrum deutlich überwog – so konnte er aufzeigen, dass im Zeitraum 1919 bis 1922 von 376 politisch motivierten Morden 354 dem rechten Spektrum zuzuordnen waren, lediglich 22 dem linken.[6]

Die Einäugigkeit der Justiz in der Weimarer Republik, die er aufzeigte, war dabei frappierend: Die Mörder aus dem linken Lager wurden mit äußerster Strenge behandelt, es kam zu zehn Hinrichtungen auf 22 Morde.

Mörder aus dem rechten Lager wurden dagegen mit großer Nachsicht behandelt: Bei 354 Morden kam es zu einer einzigen lebenslangen Strafe, keiner einzigen Hinrichtung und insgesamt 90 Jahren Haft – im Durchschnitt vier Monate Haft pro Mord.

Viele Morde von rechts blieben dabei gänzlich ungesühnt. Seine Publikationen erreichten ziemlich hohe Auflagen und führten sogar zu einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Preußischen Landtag, nachdem die Ergebnisse von Gumbels Buch Vier Jahre politischer Mord in einer vom Reichsjustizminister Gustav Radbruch in Auftrag gegebenen Studie bestätigt wurden.“

100 Jahre politischer Mord in Deutschland

ein Radio-Special von Deutschlandfunk Kultur und ZZF | Auftakt: 25.8.2021, 19:25 Uhr

vor 100 Jahren erschütterte eine rechtsradikale Attentatserie die Weimarer Republik: Am 26. August 1921 starb der ehemalige Reichsfinanzminister Matthias Erzberger im Schwarzwald unter den Kugeln zweier Attentäter. Am 4. Juni 1922 überlebte der frühere Ministerpräsident Philipp Scheidemann in Kassel einen Blausäure-Anschlag nur knapp. Wenige Tage später ermordeten am 24. Juni 1922 wiederum zwei Attentäter Reichsaußenminister Walther Rathenau. Die hundertsten Jahrestage dieser Angriffe auf die Republik nehmen das ZZF und Deutschlandfunk Kultur zum Anlass, um über gewaltsame Herausforderungen der deutschen Demokratie in Vergangenheit und Gegenwart zu reflektieren.

Von Ende August 2021 bis Ende Juni 2022 präsentieren die Redaktion der Sendung Zeitfragen und das ZZF gemeinsam die Reihe »100 Jahre politischer Mord in Deutschland«. Jeden Mittwoch um 19:25 Uhr widmen wir uns für knapp fünf Minuten der Geschichte rechtsgerichteter Gewalt gegen die Demokratie. Den Auftakt bildet am 25. August 2021 ein Gespräch zwischen Winfried Sträter (DLF) und Martin Sabrow (ZZF).

Die einzelnen Radio-Beiträge verdeutlichen, dass die politischen Morde jener Zeit nur die drastischste Form des rechtsradikalen Kampfes gegen die neue demokratische Ordnung waren. Sie erörtern die Bemühungen, aber auch das Versagen von Staat und Gesellschaft, sich der rechtsterroristischen Bedrohung zu erwehren. Zudem schlagen sie einen Bogen in die Gegenwart und fragen nach Brüchen und Kontinuitäten im Verlauf des 20. Jahrhunderts.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website des ZZF. Dort werden wir auch die einzelnen Folgen der Reihe sammeln und verlinken.

Wir hoffen, Sie als Hörerinnen und Hörer gewinnen zu können. Mit freundlichen Grüßen Ihr ZZF Potsdam

 

 

 

 

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