Ein neues Buch zum 50. Todestag des zeitweisen Münchners Ret Marut / B. Traven als Ziegelbrenner in der Rätezeit:
Das Titelbild hier von Eklerigan – Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6988807 auf der wikipedia-Seite zu B._Traven
„Es wäre den Proletariern wohl ernsthaft zu raten, jene gut ausgeprobten indianischen Wahlmethoden anzuwenden, insbesondere gegenüber den Beamten ihrer gewerkschaftlichen und ihrer politischen Organisationen.
Nicht nur in Russland, wo es am nötigsten ist, sondern auch in allen übrigen europäischen Ländern, wo Marx und Lenin zu Säulenheiligen erklärt wurden, könnten kämpfende Proletarier bei weitem sicherer ihnen nützliche Erfolge erzielen, wenn sie ihren Führern jährlich ein heftiges Feuer unter den Hintern legen würden.
Kein Führer ist unersetzbar. Und je häufiger neue Führer auf einen glühenden Sessel gesetzt werden, um so lebendiger bleibt die Bewegung. Nur nicht zaghaft sein, Proletarier. Erst recht nicht sentimental.“ B. Traven in: „Regierung“, Büchergilde Gutenberg, Berlin 1931, S. 172.
Der Feuerstuhl
Werk und Wirken des Schrifstellers B. Traven: Ein Sammelband anlässlich seines 50. Todestages am 26. März 2019, herausgegeben von Simone Barrientos und Karsten Krampitz
In der neueren Literatur zur Revolution in Bayern 1918/19 scheint ein gewisser Ret Marut die große Leerstelle zu sein. Der Herausgeber des „Ziegelbrenners“, der legendären Münchner Antikriegszeitschrift; Freund Erich Mühsams und Gustav Landauers – er bleibt der große Unbekannte, der nach der Niederschlagung der Bayrischen Räterepublik nur knapp dem Standgericht entkam.
Welcher Mensch sich hinter dem Pseudonym verbarg, mag heute weitgehend geklärt sein. Ebenso, dass sich Ret Marut über viele Umwege in Mexiko niederließ und unter dem neuen Pseudonym B. Traven mit Romanen wie Das Totenschiff oder Der Schatz der Sierre Madre u.a. Weltliteratur schrieb.
Im historischen Gedächtnis der Linken ist er heute nicht mehr präsent. In der kollektiven Erinnerung hat lediglich ein Romantitel überlebt: Hans und Sophie Scholl benannten ihre Widerstandsgruppe nach seinem Roman Die weiße Rose, der heute, wie alle anderen Traven-Bücher, nicht mehr gelesen wird.
Dieser Sammelband will dem entgegenwirken: eine Verbeugung vor dem Revolutionär Ret Marut und dem Schriftsteller B.Traven – vor allem aber eine Hommage an sein Werk. Ein besonderes Augenmerk gilt dem Roman Regierung, der vom Kontrast geprägt ist, zwischen der luxuriösen Lebenswelt einer regierenden Clique und dem bitteren Alltag der indigenen Bevölkerung – Männer und Frauen, die als Landarbeiter ihren kargen Lebensunterhalt verdienen, oder als Holzfäller und Karrentreiber in den Mahagoniwäldern.
Der Ortssekretär eines abgelegenen Dorfes wird als korrupter Diktator dargestellt, der den Indios auch noch das letzte Geld abpresst. Wie ein moralischer Gegenentwurf zum Ortssekretär, gegen den sich die Menschen nicht wehren können, erscheint die alljährliche Inthronisierung eines neuen Häuptlings, dem die Dorfbewohner buchstäblich Feuer unterm Hintern machen. Mit dieser Romanszene – dem Feuerstuhl – beschäftigen sich die Beiträge verschiedener Autoren.
Andere Themen sind: Mexiko als Sehnsuchtsort; als Projektionsfläche für linkssozialistische Utopien oder auch für das rassistische Stereotyp vom „Edlen Wilden“. Andere Texte über Traven (der Adorno so gar nicht kannte), handeln über das richtige Leben im falschen, und eben darum geht es doch…
Als Autoren im Band:
„Reverend“ Christian Dabeler, Bernd Drücke , Else Gabriel, Simone Hain, Alexander Karscnia, Caroline Kodym, Christoph Ludszuweit, Thomas Martin, Luise Meyer, Erich Mühsam, Frank Nordhausen, Mark Ottiker, Guillaume Paoli, Wolf-Dieter Schramm, Maurice Schuhmann, Jörg Sundermeier. Torsten Seifert, Christoph Spehr, Enno Stahl, Leander Sukov, Jörg Thunecke, Kurt Tucholsky, Vassilis Tsianos, Hugo Velarde, Johannes Zeilinger u.a.
Die Herausgeber:
Simone Barrientos war viele Jahre freischaffende Künstlerin, Verlegerin (Kulturmaschinen-Verlag) und ist heute kulturpolitische Sprecherin der Linkspartei im Bundestag. Karsten Krampitz ist Historiker und freier Schriftsteller.
Clemensstraße 84 in München
1918/1968 – Revolutionen (1): Das Phantom. Als B. Traven noch Ret Marut war
„Zwischen 1933 und 1945 sind die Werke B. Travens in Deutschland verboten.
Der Schatz, den du zu finden die Mühen
Einer Reise nicht für Wert hältst,
Das ist der echte Schatz, den zu suchen
Dir Dein Leben zu kurz erscheint.
Der funkelnde Schatz, den Du meinst,
der liegt auf der anderen Seite.
(B. Traven: Der Schatz der Sierra Madre. Verlag der Büchergilde Gutenberg, Berlin 1930, S. 7)“ www.literaturportal-bayern.de
„Ret Marut war der Chefzensor der Münchner Räterepublik 1919 gewesen und gilt als die treibende Kraft hinter der Sozialisierung der Presse. Nach der Niederschlagung der Räterepublik im Mai 1919 wurde er verhaftet und vor ein Feldgericht gestellt.
Kurz vor seiner Verurteilung gelang ihm die Flucht. Er tauchte unter und wurde in den nächsten Jahren in verschiedenen europäischen Ländern gesehen, ehe er endgültig verschwand.
Allerdings soll auch der Name Ret Marut nur ein Pseudonym für den im brandenburgischen Schwiebus geborenen Otto Feige sein.“ www.literaturportal-bayern.de/themen?task=lpbtheme.default&id=1174
und nun zum Stolpern:
in der Monacensia heute:
Auf den Spuren des Literaten Ret Marut
und gleichzeitig die Frauen … https://raete-muenchen.de/frauen-fuer-frieden-1919-2019-vergebene-liebesmueh
und morgen Mittwoch, 27. März 2019, 19 Uhr Dr. Andreas Heusler:
„Die Sozialisierung marschiert!“
Otto Neurath, das Münchner Zentralwirtschaftsamt und die gescheiterte Utopie einer wirtschaftlichen Neuordnung
Die Vergesellschaftung der Produktionsmittel war ein Hauptziel der radikalen revolutionären Bewegung. Um dieser Forderung Rechnung zu tragen, sie aber auch volkswirtschaftlich klug zu moderieren, hatte bereits Kurt Eisner eine gemäßigte Sozialisierungskommission eingerichtet. Im März 1919 übernahm der Ökonom Otto Neurath die Federführung der Sozialisierung. Sein Ziel: eine zentral regulierte Planwirtschaft. Mit der Zerschlagung der Räterepublik scheiterte das ambitionierte Experiment. www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Direktorium/Stadtarchiv/Termine.html
und Donnerstags:
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