Gustav Landauer
Landauer, der Beauftragte für Volkskultur in der Räterepublik Baiern hatte nur wenige Tage, um seine Ideen anzuwenden, denn die Feinde der Republik waren stark und bewaffnet, hatten die Presse und die nachfolgenden Faschisten, das Andenken auszulöschen.
Sie hatten auch das Denkmal zerstört, das am Waldfriedhof die Urnen von Eisner und Landauer enthielt, und hatte die Urnen mit Rechnung an die jüdische Gemeinde geschickt.
Siegbert Wolf hat uns heute geschrieben:
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mit großer Freude kann ich euch heute den Termin anlässlich der feierlichen Errichtung des Gedenksteins für Gustav Landauer auf dem Münchner Waldfriedhof bekannt geben:
Donnerstag, den 29. Juni 2017, um 10.00 Uhr.
Die von Peter Kühn und mir 2015 ins Leben gerufene Initiative zur Wiedererrichtung des Denkmals für den libertären Kulturphilosophen und Initiator zahlreicher anarchistischer Projekte Gustav Landauer (1870-1919) ist damit erfolgreich abgeschlossen.
Peter und ich danken allen UnterstützerInnen sehr herzlich für ihre tätige Mithilfe.
Beste Grüße,
Siegbert Wolf
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Der genaue Ort im Waldfriedhof demnächst auf www.plenum-r.org vg, werner
Vielleicht findet sich allmählich auch was in den Stadt-Seiten, die immerhin die Initiative aufgegriffen hat … aber vor kurzem war noch nix da, bitte unten in die Kommentare eintragen!
Gustav Landauer (1870-1919)
war eine herausragende Gestalt der frühen libertären Bewegung in Deutschland. Er war ein überaus produktiver und hoch angesehener Literatur- und Theaterkritiker, Kulturphilosoph, Dramaturg, Essayist, Übersetzer, Roman- und Novellenautor, Vortragsredner, freiheitlicher Sozialist, Antipolitiker und Publizist.
Am 2. Mai 1919 wurde Landauer bei seiner Einlieferung in das Gefängnis Stadelheim (München) durch eine Soldateska brutal misshandelt und ermordet. Ein gutes Jahrzehnt blieb dem Freund Martin Buber bis zum Machtantritt der Nazis, um wichtige Schriften Landauers herauszugeben und derart die Grundlage für eine längerfristige, doch stets eher untergründige Nachwirkung zu verbreitern.
Den Jahren der Verfemung durch die Nazis folgten Jahrzehnte eines weitgehenden Verschweigens und Vergessens sowohl in der postnazistischen BRD als auch in der parteioffiziellen Geschichtsschreibung der DDR. Ein selbsterklärter Anarchist aus jüdischer Familie war in keinem der beiden deutschen Staaten wohlgelitten.
weiterlesen auf https://gustav-landauer.org/
Eisner hatte Landauer gerufen
Kurt Eisner wollte seinen Freund Gustav Landauer in München bei der Revolution dabei haben und wünschte ihn hierher, Landauer hatte dann die Aufgabe, die Ansprache zur Beisetzung nach seiner Ermordung zu halten, und Kardinal VON Faulhaber, der rechtsradikale Hetzer mit allen Adels-Attitüden, Hof-Kaplan des Königshauses und Königlich Bayrischer Militärprobst, ereifert sich in seinen Tagebüchern darüber …
Das geistliche Umfeld
Die Wahlpropaganda der Bayerischen Volkspartei 1919 nutzte auch und gerade die propagandistische Wirkung von Wahlplakaten. Diese verdichteten nicht etwa positive inhaltliche Aussagen des eigenen Wahlprogramms, sondern schürten plakativ Ängste vor dem politischen Gegner durch Feindbilder: der überdimensioniert dargestellte kirchenfeindliche Spartakist, der gewaltsam die Münchner Frauentürme eindrückt und der die Brandfackel vom roten Berlin aus auf München richtende Bolschewik.
Auch die Wahlslogans dieser Plakate waren aggressiv zugespitzt: „Christliches Volk! Darf Spartakus deine Kirchen niederreißen? Gib Antwort am Wahltag! Bayerische Volkspartei“ 107
Oder: „Bayern, der Bolschewik geht um! Hinaus mit ihm am Wahltag! Bayerische Volkspartei.“ 108
Ebenso wurde die Wahlaufklärung durch das Bayerische Frauenland intensiviert, das im Vorausblatt im Dezember über das Frauenwahlrecht aufklärte und in der ersten Nummer 1919 die BVP-Kandidatinnen Ellen Ammann, 109 Aloisia Eberle, Maria Freiin von Gebsattel 110 und Maria Schuster vorstellte. Es wurden eigens an der neuen Zielgruppe orientierte Flugblätter gerichtet an „Deutsche, christliche Frauen!“, um deren ureigenste Ängste vor einem Wahlsieg der linken Parteien zu schüren.
„Der Feind ist eingebrochen ins eigene Land, auf heimatlichen Boden. Von Rußland ist der Bolschewismus gekommen und zerstört, was der Krieg übrig gelassen. […] Die Bolschewistenherrschaft muß Euch Frauen, die Ihr mit besonderer Treue an dem hängt, was Euch lieb geworden, mehr noch als die Männer berühren. Euer Heim soll Euch zerstört werden.
[…] Es gibt dann keinen Besitz mehr, nichts mehr, was Du treu hüten kannst für die Deinen. […] Jede Frau gehört jedem Mann nach Belieben und jede Frau hat Anspruch auf irgend einen Mann und keines darf sich dagegen wehren, sondern muß dem andern nach Bolschewistenrecht zu willen sein.
Christliche Frauenwürde u[nd] germanischer Frauenstolz bäumt sich dagegen auf. […] Der Bolschewismus haßt die Religion und will den Glauben an Gott und Jenseits ausrotten, die Kirchen zerstören und ihre Diener vertreiben. […]
Kalt und gottlos soll das Leben werden! Verstehst Du nun den ganzen Ernst der Gefahr, die hinter dem tückischen Bolschewisten lauert! Wenn Du es erfaßt hast, brauche ich nichts mehr zu sagen. Du wirst den Männern nicht im Wege sein, wenn sie das Land vom Bolschewismus befreien wollen! Sie sollen mit Deinem Segen in den Kampf ziehen: Für Familie, Religion und Vaterland!“ 111
Diesem Text korrespondierend illustrierte neben den oben genannten Wahlplakaten mit dem Spartakisten und dem Bolschewiken das Wahlplakat „Rettet die Heimat! Wählt Bayerische Volkspartei“ die Botschaft des Wahlaufrufs: Der auf einem Ross mit gestreckter Lanze in den Kampf ziehende Ritter wird von einem jungen Ehepaar mit Kleinkind und Baby in ländlicher Umgebung hoffnungsvoll verabschiedet, im Hintergrund die von roten Wolken gefährlich dräuende Stadtsilhouette. 112 Die Kirchenzeitung nahm nun auch Inserate auf für ein – im Gegensatz zum „Jüdischen
Kaufhaus“ – „Christliches Kaufhaus“: „Jede kluge Hausfrau decke ihren Bedarf an sämtlichen Artikeln nur im Kaufhaus M. von der Heiden Rosental 15. […]
Nach Gustav Landauers Rede, in der er Kurt Eisner mit Jesus und dem als Ketzer verbrannten Jan Hus verglichen hatte, 128 beendete Faulhaber sein Schweigen, protestierte gegen gewaltsame Trauerbeflaggung, gewaltsames Trauergeläut und gegen die für ihn blasphemische Traueransprache. 129
Anmerkungen:
„Die Wahlen in Bayern“, in: Vossische Zeitung Berlin Abend-Ausgabe v. 14. Januar 1919.
107 „Christliches Volk! Darf Spartakus deine Kirchen niederreißen? Gib Antwort am Wahltag! Bayerische Volkspartei“, 1919. URL: http://www.wahlplakate-archiv.de/images/stories/weimar/Zentrum/1919/zentrum-r.
108 Wahlplakat der BVP, 1919 (Hermann Keimel). Druck: Lithographisch-artistische Anstalt München, 1919. Münchner Stadtmuseum [MStM],
B14/72. Druck in: München – „Hauptstadt der Bewegung“ (Ausstellungskatalog Münchner Stadtmuseum), München 1993, S. 106.
109 Vgl. Marianne Neboisa, Ellen Ammann, geb. Sundström, 1870-1932. Dokumentation und Interpretation eines diakonischen Frauenlebens, St. Ottilien 1992.
110 Vgl. Marie-Emmanuelle Reytier, Maria Freiin von Gebsattel (1885-1958). Eine Adelige mit bürgerlichem Engagement, in: Gisela Muschiol (Hg.), Katholikinnen und Moderne. Katholische Frauenbewegung
111 Flugblatt [Wahlaufruf für Frauen zur Bayerischen Landtagswahl, 12.01.1919]. Faksimile in: Neboisa, Ammann, S. 568.
112 Wahlplakat der Bayerischen Volkspartei, 1919 oder 1920. Druck: Offset-Veduka-Drucke, München. Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Plakatsammlung 15454. Abbildung in: Siegfried Wenisch (Hg.), Plakate
als Spiegel der politischen Parteien in der Weimarer Republik (Ausstellungskatalog), München 1996, S. 35.
113 Münchener Kathol[ische] Kirchenzeitung. Wochenblatt für die katholischen Pfarrgemeinden Münchens, Nr. 4 (26.1.1919), S. 31.
Landauer zitierte das Jugendgedicht von Kurt Eisner „Martyrium“ und fügte dann an: „Er ist aber nicht entkräftet zu Boden gesunken. Er war einer wie Jesus, wie Huß – o sancta simplicitas – die von der Dummheit und dem Eigennutz hingerichtet wurden; er, der nun von der Kugel eines Meuchelmörders aus dem Hinterhalt umgebracht worden ist, war ein Streiter, ein Wachsender, ein Kraftvoller bis zuletzt […]“. Freundliche Mitteilung von Dr. Ulrich Dittmann.
129 Aufzeichnung Faulhabers, 27.2.1919. EAM, NL Faulhaber, 10003. Vgl. die herabwürdigende Bezeichnung „Trauerparade für Eisner“: Faulhaber an den bayerischen Episkopat, 28.10.1921, in: Volk, Akten Faulhabers
I, S. 223. Vgl. auch Aufzeichnung Faulhabers, 26.2.1919. EAM, NL Faulhaber, 10003: „Wenn die Monarchie abgeschafft, warum wird Eisner doch wieder wie ein König begraben, während [Heinrich] Osel und die anderen einfach zugeschaufelt werden, ist das Demokratie?“
SEITEN 82 und 83 IN:
„Weil doch einmal Blut fliessen muss, bevor wieder Ordnung kommt“
Erzbischof Faulhabers Krisendeutung in seinem Tagebuch 1918/19
Antonia Leugers
„Es sei gar nicht so schlimm“, tröstete der 28-jährige Sekretär Alfons Ammer den Münchner Erzbischof am 13. November 1918, „die Kirche würde dann geistig um so freier werden.
Die Regierung sei auch nicht so schlimm […].“ Michael von Faulhaber notierte Ammers moderate Lagebeurteilung nach der Revolution verwundert in sein Tagebuch, denn die Nacht vom 7. auf den 8. November hatte der 49-jährige Faulhaber sogar als die „schrecklichste Nacht meines Lebens“ gewertet.
Am nächsten Tag versuchte er seinen Zustand näher zu umschreiben: „Es ist mir nun immer, als ob man mir mit einem Prügel auf den Kopf geschlagen hätte, und das Herzklopfen […] ist nicht besser geworden.“
Noch am 10. November hatte er nachts „keine halbe Stunde geschlafen“ und „seit drei Tagen nichts mehr richtig gegessen. […] Es ist mir immer, als ginge ich über ein Brett, das über einen Abgrund gelegt und schwankt.“
Er kam nicht zur Ruhe. Die am 11. November bekannt gegebenen Waffenstillstandsbedingungen wirkten auf den Feldpropst der bayerischen Armee „wie ein Hammerschlag auf den Kopf.“5
Und nun wollte ihn dieser Sekretär ausgerechnet damit trösten, dass alles nicht so schlimm sei! Faulhaber hingegen fühlte sich brutal verletzt und ohne festen Boden unter den Füßen.
http://universaar.uni-saarland.de/journals/index.php/tg_beihefte/article/view/612/%7B$pdfUrl%7D
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