Gab es denn keinen organisierten Widerstand?
Doch – es gab ihn! Die Propagandafilme zeigen freilich nur die fröhlich einrückenden Soldaten.

Die preussische Polizei wusste es 1914 besser.
Sie verbot alle 27 Antikriegskundgebungen, die aus der Arbeiterschaft heraus allein für Berlin angekündigt waren – am 28.7.1914, wenige Tage vor Kriegsausbruch. Viele Menschen versammelten sich trotzdem. Allein in Leizpig 37.000. In Köln gerieten 10000 Friedensdemonstranten mit Kriegsbefürwortern aneinander, denen die Polizei „natürlich“ half.

zeitengel

In allen mittleren und größeren Städten gab es Antikriegsproteste aus der organisierten Arbeiterschaft!
Die „Burgfrieden-Politik“ von Gewerkschaft und SPD-Führung setzte sich erst nach Kriegsbeginn an der Basis durch. Auch hier nicht unwidersprochen. Das Jahrbuch berichtet beispielhaft von Auseinandersetzungen in den Betrieben.

„Krise als Emanzipationsschub?“ fragt ein Aufsatz, der die Situation der Frauen in den Betrieben beleuchtet. Tatsächlich lässt sich nachweisen, dass Frauen die besser bezahlte Arbeit in den (Rüstungs-)Fabriken der Arbeit in der Landwirtschaft vorzogen. Dies führte zu Klagen der Großgrundbesitzer, die Schwierigkeiten bekamen, ArbeiterInnen zu rekrutieren.

Die Geschichtsschreibung „von unten“ ist problematisch, weil die „kleinen Leute“ kaum Schriftliches hinterlassen.
Die heute beliebten Militärtagebücher wurden ja auch eher von Angehörigen der Bildungsschicht geschrieben. So müssen viele Fragen zur Lebenswelt des Proletariarts aus Polizeiberichten, Flugblättern etc. rekonstruiert werden.

Den AutorInnen gelingt das auf spannende Weise. Das Jahrbuch erschöpft sich aber nicht darin. Es finden sich auch spannende Betrachtungen zu Liebknechts Kampf gegen die Kriegstreiber, zu Luxemburg, zum Baseler Kongress der Sozialistinnen usw. Wir möchten das Buch daher sehr zur Lektüre empfehlen. Es ist auch für Nicht-HistorikerInnen gut und flott lesbar!

Schon das Inhaltsverzeichnis kann Appetit machen: www.arbeiterbewegung-jahrbuch.de/?p=335
Dank der Redaktion der Kaulquappe des
Friedensmuseums Nürnberg

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