Tagebücher geben zwar immer einen sehr persönlichen Horizont, lassen aber die erlebte Zeit der Bewegungen sehr gut erspüren: Die Tochter der Frauenbewegten Hilde Dohm, Hedwig Pringsheim wirkt in die Familie Mann hinein:
Zum Verzweifeln
Mit dem fünften Band der von Cristina Herbst seit 2013 herausgegebenen Tagebücher Hedwig Pringsheims liegen nun die Aufzeichnungen der Schwiegermutter Thomas Manns aus den Jahren 1911 bis 1916 vor. In deren Mitte fiel bekanntlich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914. Von da an sind die Tagebuchnotizen – wie könnte es anders sein – von den Kriegsereignissen geprägt.
Auf literaturkritik.de gibt Rolf Löchel einen lesenswerten Einblick in den fünften Band der Gesamtausgabe, mit einigen abschließenden Zitaten:
die Eintragungen an Silvester, die sie jeweils für Reflexionen über das vergangene Jahr und einen Ausblick auf das kommende nutzt, vom ersten Kriegsjahr an düster und von Mal zu Mal verzweifelter. „Das Jar schließt deprimiert mit der Aussicht auf einen endlosen Krieg […]. Im Westen ‚steht‘ der Krieg eigentlich seit Monaten, bei entsetzlichsten blutigsten Verlusten auf allen Seiten“, notiert sie Silvester 1914. Den folgenden Jahreswechsel 1915/16 hat sie „allein und one Feierlichkeit beschlossen, unter dumpfem Druck, der auf uns allen lastet. […] man fragt sich trost- und hoffnungslos, wie und wann dieser schreckliche Krieg überhaupt je enden soll […]. Ein schlimmes, furchtbares Jar, das wir verlassen, ein schwarzverhängtes, in das wir eintreten.“
Die Frauen- und Friedensbewegung anschaulich machen, die von der bürgerlichen Seite seit Jahrzehnten geschmäht wird, (auch in dümmlichen unpolitischen Anerkennungen) wird eine der wichtigsten Aufgaben gegen die derzeitigen maskulinistischen national-religiösen Wahnvorstellungen.
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