Rainer Maria Rilke kennen wir viel mehr von Elegien, von Hermann Hesse den Steppenwolf: Sie waren im Umkreis der Revolution aktiv, pflegten Freundschaften wie mit Gustav Landauer und Erich Mühsam. Was waren ihre Bilder zu der Zeit?

Vor hundert Jahren war eine angespannte Zeit: Kriegsvorbereitungen und Frauenbewegung, engagierte PazifistInnen und auswandernde Burschen, Anarchisten- und Sozialisten-Verfolgung, Aufschwung durch Kriegsvorbereitungen und öffentliche Schürung der Fremden-Hysterie durch die Presse, nationaler und rassischer Dünkel.    — bleibt wohl erst mal Fragment, außer du setzt einen Kommentar mit einem Wunsch —

Die Schweiz und Monte Verita

waren ab der reaktionären Polizei-Verfolgung und Bespitzelung nach der niedergeschlagenen März-Revolution 1848 mit der Paulskirche und den Gewerkschafts-Verboten und Sozialisten-Gesetzen ein freier Raum, in Zürich gab es einen internationalen Anarchisten-Kongress. Rilke …

Kurt EisnerAm Monte Verita hatte aber auch schon Theosophen, die bald wie viele andere den Rassen-Ideen und -Lehren der Zeit den Boden bereiteten, ein kleines Zentrum, das Lebensreformer wie Ida Hoffmann und Henry Oedenkofen übernehmen und zum Gästehaus und Sanatorium ausbauen konnten.

Dort traf sich in diesen Jahren, wer in künstlerischen und politischen Ideen weiter arbeitete:

Gusto Gräser *

1899 brach er alle familiären und gesellschaftlichen Brücken hinter sich ab und lebte fortan auf Wanderschaft quer durch Europa. Er knüpfte Kontakte zu Philosophen, Künstlern und Reformern wie Rudolf Steiner, Gustav Landauer, Erich MühsamAlois Riehl, Ernst Horneffer, Gustav Naumann, Ferdinand Avenarius, Friedrich Naumann oder Georg Kerschensteiner. Schon früh wurde er eine Gestalt der Dichtung, so als Blüthner, der Evangelimann bei Johannes Schlaf, als der bäurische Denker Heinrich Wirth und als der Waldmensch mit dem dritten Auge bei Hermann Hesse, als Narr in Christo bei Gerhart Hauptmann. In jüngerer Zeit inspirierte er Sänger wie Steve Hackett oder Omar Rodriguez Lopez und Maler wie Kaye Donachie oder Till Gerhard. Er lebte von Vorträgen und dem Verkauf seiner selbstgedruckten Gedichte.

Hermann Hesse und Gusto Gräser

Der hier verlinkte Artikel sucht etwas nach den literarischen Quellen, ohne wirklich auf die Lebensform und die Zeit einzugehen:

Bewegungen und Guru-Sprüche

Eine Menge Bewegungen haben gegen die bürgerlichen Erstarrungen zwischen militaristischen Sprüchen und doppel-bödiger Korsett-Moral los gelegt, ein Teil auch mit dem neuen Gesundheits-Bewusstsein durch Fortschritte in Medizin und Psychotherapie.

Die Reihe der Menschen in der damaligen Auseinandersetzung wird durch machen aktuellen Internet-Veröffentlichungen sichtbarer: Lange kannte man zwar die Bücher von Gustav Landauer, die in ihrer geballten idealistischen Art für Nachgeborene nicht leicht lesbar sind,

Extremisten und Bildungsbürger

Die Moderne dämmerte im Kaiserreich herauf, gegen die bestimmenden Kräfte: Adel und Militarismus mit der Monarchie, verteidigt von den Kirchen, katholisch in Bayern und protestantisches „Oberhaupt“ der Kaiser, und die gebildeten und reformerischen Juden bedroht durch einen radikaler werdenden rassischen Antisemitismus.

Künstler-Leben

war für manche der Ausweg in der Klemme zwischen industrialisierter Arbeit, begrenzter Anstellung und den ganzen prekären Berufen, zu denen Literaten und Schauspielende, Freiberufliche und alle Tagelöhner gehörten.

Tabu Alkohol und Drogen

Hesse im Entzug am Monte Verita und in Analyse bei Otto Gross, später bei C.G.Jung, Gross landet mit seinem Drogenkonsum und der Verfolgung durch den Vater in Anstalten, stirbt unter schwierigen Umständen.

Freie Liebe und Bisexualität

Das Reden darüber sind wir bis heute am Lernen: Psycho-Analyse, wie sie Otto Gross nach München und zum Monte Verita gebracht hatte, und Erich Mühsam als sein Freund, der mit seinen Liebschaften noch etliches zu erproben hatte, bis er Zenzl heiratete.

Homosexualitäten unter Matrosen und Soldaten sind kein Thema, das ausgesprochen oder geschrieben wird, auch unter Anarchisten bleibt das Tabu, von Erich Mühsam manchmal leicht berührt. Liebeskummer und Sehnsüchte werden schön verkleidet:

Alle Engel sind schrecklich!

1918: Nach Kriegsende zieht Rilke wieder nach München, wo er die Bekanntschaft von Hanns Eisler und Ernst Toller macht.

Rainer Maria Rilke im Kreis der neuen Liebenden

Spießers Geschichtsschreibung

sucht Ehe und Kinder, Briefe und Bücher, aber wie flogen die neuen Gedanken?

Wie gehen die frisch befreiten jungen Menschen mit Liebe und Eifersucht, Schwangerschaft und Verhütung um?

Infame Krankheiten

sind gelegentlich erwähnt und brauchen Therapie- und Heilungszeiten, Abstand und Abstinenz: Syphilis und Tripper, allmählich genauer diagnostizierbar,

LangzeitwirkungenRevolutionswerkstatt

Gesellschaftlich

Wie Arbeiter, Soldaten und Bauern, aber auch Mägde und Knechte demokratisches Denken lernen sollen?

„Ihr müsste erst Menschen werden“: Die Herrschaft der allmächtigen Autorität vom Beamten und Lehrer, Priester und Adeligen, Offizier und Bischof, zu König und Gott:

Hierarchie in den Köpfen wirkt bis heute in den „Gelben Illustrierten“: Aber auch der bayrische Staatsfunk übt wieder regelmäßig den Hofknicks vor jedem „von und zu“ und glaubt wieder an rassistische Sonderrechte.

Die Revolution und ihre Denk-Strukturen

Streit-Gebiet Parlamentarismus der bürgerlich-beherrschten und monarchisch genehmigten Art oder Räte der Betroffenen?

Vorbild der Räte in Russland

Betriebs-Räte, Soldaten-Räte und Bauernverbände

Gewerbliche Organisationen

Gewerkschaften und ihre verschiedenen Funktionen und Geschichten

dortige Revolutionen im Februar und „Oktober-Revolution“

nach unserem Kalender am 7. November: Das geringe Wissen um die ersten errungenen Freiheiten und Rechte, vor allem auch der Frauen, die von der rechten Propaganda zum „Gebrauch der Frauen“ umgedreht wurde.

Subsidiarität

Das Prinzip, dass jeweils die unterste kommunale Organisations-Ebene zuständig ist, und erst bei übergeordneten Notwendigkeiten die nächste Ebene der gemeinsamen Verwaltung angefragt wird … begann als Kommunal-Recht schon zu königlichen Zeiten, war aber oft durch den Adel und die Besitzungen durchbrochen.

Literarisch

Hermann Hesse

Rainer Maria Rilke

Gusto Gräser

Pädagogisch

Georg Kerschensteiner

Das ewig dozierende Schulsystem, wie es sich in Bayern wieder ausgebreitet hat, hatte Heinrich Mann im Untertan sehr schön dargestellt, in der Nazi- und Nachkriegszeit breitete es sich wieder aus, den „Reformpädagogik“ gefiel den neuen alten Herren nicht,

„Die Wahl zum Stadtschulrat in München 1895 lenkte ihn auf die Reform des Volksschullehrplans, z. B. mit der Einrichtung eines achten Pflichtschuljahres. Es folgte 1900 die Einrichtung von Arbeitsunterricht und der Arbeitsschulen, Vorläufer der heutigen Berufsschulen. Kurz darauf wurden die Arbeitsschulen mit Werkstätten und Schulgarten ausgestattet. Die Arbeitspädagogik etablierte sich als Begriff für das heute als Handlungsorientierung wieder aufgegriffene Unterrichtsprinzip.“ (wikipedia)

Bayrische BerufsschulenPhilipp Loewenfeld Recht und Politik

„Für Kerschensteiner – wie für Pestalozzi und John Dewey – ging es wesentlich darum, die Kinder mehr Wollen und Können statt Wissensfülle zu lehren sowie ihre Anschauung und Selbsttätigkeit in Kindheit und Pubertät zu fördern, statt sie lediglich passiver Belehrung zu unterziehen. „Das Wesen des Menschen um diese Zeit ist Arbeiten, Schaffen, Wirken, Probieren, Erfahren, Erleben, um ohne Unterlass im Medium der Wirklichkeit zu lernen.“ (In: Die Schule der Zukunft eine Arbeitsschule. S. 27 f.) Spontaneität und manuelles Tun gehören zur pädagogischen Arbeit. Kerschensteiner richtete neben der Einführung von kindgemäßem Physik- und Chemieunterricht Holz- und Metallwerkstätten, Schulküchen und Schulgärten ein. Ihm zufolge müsse pädagogische Arbeit manuell, praktisch und geistig zugleich geprägt sein.

Als Befürworter der Eigenbewertung schulischer Leistungen regt er an, dass jeder Schüler für sich selbst ein Urteil finden müsse. Seine Zielvorstellung lag in Bildung, die er zugleich als Charakterbildung und Erziehung zum Staatsbürger verstand; diese kann nach seiner Auffassung auch durch Berufserziehung verwirklicht werden.“ (wikipedia)

Aktivismusappelle-einer-revolution-dokumente-aus-bayern-zum-jahr-1918-1919

Aktivismus nannte sich eine von 1914 bis in die 1920er Jahre bestehende pazifistische Bewegung in Deutschland. Sie wurde von dem Schriftsteller und Publizisten Kurt Hiller gegründet und erstrebte eine „Aktivierung des Geistigen zur Herbeiführung einer neuen Menschheitsära“ (Aufbruch zum Paradies).

Der Aktivismus bildete eine Art Nebenströmung des Expressionismus. Es handelt sich um einen losen Zusammenhang vor allem von Literaten, die einen überwiegend literarisch und literaturkritisch geprägten Diskurs pflegten.[1] Den verschiedenen Richtungen dieser Bewegung gemeinsam war die pazifistisch-sozialistische Tendenz. Eines der publizistischen Organe war Das Ziel. Jahrbuch für geistige Politik. Von 1916 bis 1924 erschienen insgesamt fünf Jahrbücher, zunächst in Berlin bei Georg Müller und München, dann Leipzig (Kurt Wolff). Nach Ursula Baumeister ist Aktivismus der kulturradikale Flügel des Expressionismus und ein ästhetisches Programm.[2]

Namhafte Vertreter und Mitarbeiter an den verschiedenen Organen der Bewegung waren Heinrich Mann, Kurt Hiller, Max Brod, Walter Benjamin, Hedwig Dohm, Alfred Wolfenstein, Ludwig Rubiner, Gustav Landauer, Kurt Pinthus, Hans Blüher, Helene Stöcker, Gustav Wyneken, Hellmut von Gerlach, Richard Nikolaus von Coudenhove-Kalergi, Armin T. Wegner, Rudolf Leonhard, Walther Rilla, Hugo Sinzheimer, Rudolf Kayser, Johannes Maria Verweyen, Frank Thieß, Magnus Hirschfeld, Otto Flake, Alfred Kerr, Friedrich Bauermeister, Frederik van Eeden, Salomo Friedlaender, Otto Ernst Hesse, Hermann Kesser, Alfred Kurella, Berta Lask, Alfred Lemm, Rudolf Leonhard, Richard Mattheus, Leo Matthias, Hans Natonek, Ludwig Rubiner, Carl Maria Weber, Alfred Kubin, Carl von Ossietzky, Hans Koch-Dieffenbach, Arnold Ulitz, Max Deri, Felix Emmel, Karl Gareis, Theodor Haubach, Ernst Hierl und Robert Müller.

Pazifismus und geistige Politik

Magnus Hirschfeld

„1918 richtete er die Dr. Magnus-Hirschfeld-Stiftung ein, Grundlage für eine weitere Pionierleistung von ihm, die Gründung und Ausstattung der weltweit ersten Einrichtung für Sexualforschung – sein Institut für Sexualwissenschaft. Hirschfeld konnte es am 6. Juli 1919 mit dem Dermatologen Friedrich Wertheim und dem vielseitigen Nervenarzt und Psychotherapeuten Arthur Kronfeld, der das wissenschaftliche Eröffnungsreferat hielt, eröffnen.

Im gleichen Jahr war Hirschfeld Berater und Mitwirkender im ersten Schwulenfilm der Filmgeschichte, Anders als die Andern von Richard Oswald. Hierin spielte er mehr oder weniger sich selbst als einen Arzt, der vermittelt, dass Homosexualität keine Krankheit ist.

1921 organisierte das Institut die „Erste internationale Tagung für Sexualreform auf sexualwissenschaftlicher Grundlage“, an der namhafte Sexualwissenschaftler teilnahmen, die linksliberal orientiert waren und gegen einen bevormundenden Staat in Fragen der Sittlichkeit eintraten. Ihnen war die Überzeugung gemeinsam, dass Sexualwissenschaft die Grundlage für gesellschaftliche Reformen schaffen würde.[9] Hirschfeld gehörte außerdem der Leitung von Adolf Kochs um 1923 gegründeter Körperkulturschule, dem Institut für Freikörperkultur, an.“ (wikipedia)

 

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