Karin Sommer & Quergesang – Hysterische Furien und schnatternde Gänse

Hysterische Furien und schnatternde Gänse - Die ersten Frauen im Bayrischen Landtag: Frau reckt rechte Faust in die Höhe und ruft fröhlich, die andere Hand neben dem Mund
Samstag 08.03.2025 – Beginn: 20:00 Uhr – Einlass: 19:00 Uhr

Ein spannendes Kapitel Frauengeschichte zum internationalen Frauentag

Revolution in Bayern: endlich bekommen 1918 nun auch Frauen das aktive und passive Wahlrecht. Riesenhoffnungen haben sie damit verbunden, doch gewählt werden dann leider nur sehr wenige.

Zwischen 1918-1933 gibt es nie mehr als 4-5% weibliche Abgeordnete im bayerischen Landtag. Umso spannender, wie sich diese wenigen Vorkämpferinnen in dieser Machowelt männlicher Politprofis behaupten, wo und mit was für Themen sie sich durchsetzen können. Und wie sie sich manchmal auch pfiffig und unorthodox zu helfen wissen, etwa mit parteiübergreifender Frauensolidarität.

Bei der inszenierten, reich bebilderten Lesung ihres unterhaltsamen Textes über dieses weitgehend unbekannte Kapitel der Frauengeschichte wird die Münchner Kulturwissenschaftlerin Karin Sommer unterstützt von Elfie Kriester, Fritz Letsch und Tamara Sommer.

Für die musikalische Umrahmung mit passenden Liedern von Christian Morgenstern, Bertolt Brecht, Hanns Eisler u.a. sorgt der Münchner Chor QUERGESANG. www.karinsommer.de www.quergesang.de

darin:

Ret Marut, B.Traven, „Der Ziegelbrenner“

B.traven Ret Marut, Der Ziegelbrenner

lange Zeit einer der unbekanntesten Mitstreiter der Münchner Räterepublik, Jahre später mit seinem Buch „Das Totenschiff“ weltberühmt geworden als B. Traven, hielt in seiner anarchistischen Zeitschrift „Der Ziegelbrenner“ im Januar 1919 einen flammenden Appell gegen den zu frühen Gang zu den Urnen:

„Achtet auf die Frauen! Achtet auf die Frauen, Männer der Revolution!

Vergeßt der Frauen nicht!

Durch die neue Wahlordnung erhalten etwa einundzwanzig Millionen deutscher Frauen das Wahlrecht. Das ist gut so; denn warum soll die Frau nicht wählen, wenn man ihr schon das Recht läßt, um den gefallenen Sohn, um den hingeschlachteten Mann und Geliebten zu weinen!

Aber es wählen nicht nur reife Frauen, es wählen auch Frauen, die kaum das zwanzigste Lebensjahr überschritten haben.

Unsere elenden Schulen, in denen nicht ein Lehrer unterrichtete, der selbständig denken und lehren durfte, sondern in denen nur ausgeklügelte und vermoderte Lehrpläne den Unterricht erteilten, haben die Frauen in noch größerer Unwissenheit gehalten als die Männer.

Und besonders für die Mädchen war in der Schule … die Hauptsache das Auswendiglernen von Bibel-Versen, von Gesangbuch-Liedern, von Katechismus-Sätzen, von Beicht- Gebeten, von Kirchen-Geschichten und von Heiligen-Legenden.

Ja, glaubt Ihr denn, daß die Frauen in den vier Wochen der Revolution auch nur den einfachsten Begriff erfaßt haben über Verfassung, über Monarchie, über Republik, über Demokratie, über Sozialismus ?

Wie und wodurch sollten sie sich das Verständnis für diese Begriffe angeeignet haben ?

Wie und wodurch sollten besonders die Frauen und Mädchen der kleinen Städte und Dörfer aufgeklärt worden sein über die Bedeutung einer Wahl? Wer wird sie über die Wahl-Bedeutung aufklären? Der Beichtvater.

Merkt Ihr nun, Bürger und Bürgerinnen, warum im Lager derer, die den Schrei nach der „sofortigen“ Einberufung der National-Versammlung mir unausgesetzt in die Ohren gellen, sich auch nicht eine einzige Stimme gegen die Wahl-Beteiligung der Frauen erhob?

Es sind dieselben Leute, die noch vor drei Monaten den Frauen jede Berechtigung, wählen zu dürfen und gewählt zu werden, bestritten, genau dieselben Leute sind es, die noch vor wenigen Wochen den Frauen das Wahlrecht verweigerten.

Und jetzt ganz plötzlich gestehen sie den Frauen das Wahlrecht zu? …

Diejenigen, die nach der „raschen“ Einberufung der National-Versammlung schreien, wollen ja gar keine Wähler, sondern sie wollen eben unwissendes Stimm-Vieh und unaufgeklärte Wahlzettel-Abgeber.“

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