St. Georgen an der Gusen, Ö, 23. Juni 2009

Die schreckliche Sklavenarbeit in diesem riesigen Tunnelsystem wird bald vergessen sein: Dahingehend wird sich die derzeit laufende Zerstörungsarbeit in St. Georgen, Oberösterreich, auf die Zukunft auswirken.

Die Häftlingssklaven des Primitiv-Lagers Gusen II mussten täglich die 3km lange Strecke zw. Gusen und der unterirdischen Anlage Bergkristall in St. Georgen im Laufschritt zurück legen, zuerst um in Zwangsarbeit die Tunnel zu graben und dann um die bei den Deutschen berühmte „Me 262“ herzustellen, das erste Düsenflugzeug.

Geschätzte 10 000 Häftlinge starben während der Arbeit in den unterirdischen Tunnelhallen. Sie wurden erschossen, erschlagen, erwürgt oder starben an Erschöpfung, wenn sie nicht fähig waren, mit den harten Arbeitsanforderungen
Schritt zu halten.

Erschöpft von 12 Stunden dauernden Arbeitsschichten hatten sie nicht einmal die Gelegenheit, sich im Schlaf auszuruhen, denn die schmutzigen und verlausten Bettgestelle im Lager Gusen II waren dreifach überbelegt.

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges versuchte die sowjetische Besatzungsarmee das gigantische Stollensystem mit übrig gebliebenen Bomben zu zerstören, aber die Stahlbeton-Ausmauerung hielt Stand und blieb 63 Jahre lang erhalten, ausgenommen an einigen Sprengstellen.

Als vor einigen Jahren die örtliche Gemeindeverwaltung auf der Hügelspitze von Bergkristall Bauerlaubnis gab zur Errichtung von Privathäusern, wurde die Situation
gefährlich. Plötzlich befand sich das für die Erhaltung von Gedenkstätten Verantwortung tragenden Bundesministerium für Inneres in der schwierigen Situation, die Stollen in der Mitte der Anlage 2003 / 04 verfüllen lassen zu müssen, um die Sicherheit der neu gebauten Häuser zu garantieren.

Darüber hinaus wurde auch der einzig bestehende Eingang ins Tunnelsystem repariert.
Während ehemalige Häftlinge die Anlage nicht betreten durften, um ihrer ermordeten Kameraden zu gedenken, wurden die Sicherungsarbeiten im Oktober 2006 der österreichischen Presse vorgestellt.

Was uns, die Gedenkgruppe Gusen, aber am meisten betroffen macht, ist die derzeit laufende über die notwendige Stabilisierung hinausgehende großräumige totale Verfüllungsarbeit im nördlichen Teil des Tunnelsystems, wo keine Häuser stehen, dort gibt es nur Wiesen und Felder.

Obwohl die Baubehörden angeben, es gehe um Sicherheitsvorkehrungen, die ein Verfüllen notwendig machen, so meinen wir, es gäbe für diese totale Verfüllung und damit Zerstörung keinen Grund.

Stabilisierungsarbeiten an einigen Stellen wären verständlich und zu akzeptieren, aber nicht diese totale Verfüllung. Gemäß den Angaben der BIG, der Bundesimmobiliengesellschaft, die für diese laufenden Baumaßnahmen verantwortlich zeichnet, würden nur etwa 1 900 Laufmeter (=1/7) der früheren Anlage Bergkristall erhalten bleiben.

Das örtlicher Gedenkkomitee Gusen protestierte gegen diese Zerstörungsmaßnahmen und sandte Briefe an den Bürgermeister, an das Bundesministerium für Inneres und an das Bundesdenkmalamt. So wie es jetzt aussieht, gibt es keine Chance, diese Zerstörungsarbeit zu stoppen.

Deswegen wollen wir die internationale Gemeinschaft aufmerksam machen. Wir sehen vor uns folgendes Szenario: In zehn Jahren werden österreichische Neo-Nazis sagen können, diese mit Häftlingssklaven betriebene unterirdische Fabrik, hat niemals existiert, denn es gibt ja keine Spuren, keinen Beweis.

Wir ersuchen um internationale Unterstützung, um wenigstens weite Teile dieses größten Bauwerkes, das vom Terror der NS-Zeit zeugt, erhalten. Wir wollen darin einen Ort des Gedenkens und die Möglichkeit für gemeldete Gruppen, einige Teile zu besichtigen. Historiker sollten die darin erzwungene Sklavenarbeit in einer Ausstellung zeigen.
Es ist höchste Zeit für eine gemeinsame Aktion!
Bitte informieren Sie die internationale Presse!

Gedenkkomitee Gusen: Martha Gammer

www.gusen.org
www.gusen-memorial.at

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